7. Oktober 2025
sms.law.bites | Employment: Herbstzeit = Virenzeit: Pflegefreistellung von Angestellten und worauf Sie achten sollten!
Ein Beitrag von sms.law Partnerin Dr. Julia Andras
Der Herbst ist da und mit ihm einige unliebsame Begleiter, in Form von Viren und Bakterien. Besonders betroffen sind (Klein-)Kinder sowie deren berufstätige Eltern. Was Sie als Arbeitgeber:in beachten sollten, damit Pflegefreistellungen nicht Ihr Unternehmen lahmlegen, erklärt sms.law Partnerin Dr. Julia Andras in ihrem aktuellen Beitrag.
👉 Welche Rechte haben Arbeitnehmer:innen, wenn ihr Kind erkrankt? Sie kennen das: es ist Herbst, Sie können sich vor Kundenanfragen kaum retten und Ihre Angestellten fallen der Reihe nach aus, um ihre kranken Kinder zu pflegen. Wieviel Freistellung müssen Arbeitgeber:innen akzeptieren und welche Rechte haben Arbeitnehmer:innen, wenn ihr/e Kind/er – oder sonstige Angehörige – erkranken? Grundsätzlich unterscheidet man zwischen Pflegefreistellung, Begleitungsfreistellung und Betreuungsfreistellung:
- Pflegefreistellung: Seit November 2023 steht das Recht auf Pflegefreistellung für alle Personen zu, mit denen Ihre Arbeitnehmer:innen im gemeinsamen Haushalt leben. Die Pflege naher Angehöriger (z.B.: Elternteil) soll auch möglich sein, wenn mit dieser Person keine Haushaltsgemeinschaft vorliegt;
- Begleitungsfreistellung: Für die Begleitung eines (leiblichen/Wahl- oder Pflege-) Kindes unter 10 Jahren gebührt die sogenannte Begleitungsfreistellung, um dieses bei einem stationären Krankenhausaufenthalt zu begleiten. Ein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind ist in diesem Fall nicht erforderlich. Soll das leibliche Kind des Ehegatten/eingetragenen Partners/Lebensgefährten begleitet werden, muss zwingend ein gemeinsamer Haushalt mit dem erkrankten Kind bestehen;
- Betreuungsfreistellung: Diese kann in Anspruch genommen werden, wenn die Person, die das (gesunde) Kind ständig betreut, aus schwerwiegenden Gründen ausgefallen ist – z.B., weil sie erkrankt ist, ins Krankenhaus musste, verstorben ist etc. Ein gemeinsamer Haushalt mit dem Kind ist nicht erforderlich. Die Betreuungsfreistellung kann ebenfalls für leibliche Kinder des Ehegatten/eingetragenen Partners/Lebensgefährten in Anspruch genommen werden, wenn mit dem Kind eine Haushaltsgemeinschaft besteht.
👉 Wann besteht ein Anspruch auf Freistellung? Der Anspruch entsteht sofort nach Eingehen des Arbeitsverhältnisses. Als Erkrankung werden neben akut auftretenden Beschwerden auch chronische Leiden verstanden. Es kommt darauf an, ob eine Pflege der erkrankten Person notwendig ist, oder nicht.
👉 Wann ist die Pflege notwendig? Arbeitnehmer:innen sind verpflichtet, alle zumutbaren Vorkehrungen zu treffen, damit es zu keiner Arbeitsverhinderung wegen eines Pflegefalles kommt. Ist dies nicht möglich, ist die Notwendigkeit der Pflege gegeben und der Anspruch auf Pflegefreistellung besteht. Eine Pflegefreistellung ist beispielsweise nicht notwendig, wenn eine andere geeignete Person die Pflege übernehmen kann. Sind beide Elternteile berufstätig, können Arbeitgeber:innen nicht bestimmen, wer von den beiden Elternteilen beim kranken Kind bleibt.
👉 Was es sonst zu beachten gilt: Ein gemeinsamer Haushalt liegt insbesondere dann vor, wenn eine Wirtschafts- und Wohngemeinschaft besteht. Die bloße polizeiliche Meldung ist noch kein Beweis für das Vorliegen einer Haushaltsgemeinschaft. Arbeitnehmer:innen müssen ihre Arbeitgeber:innen unverzüglich über die Inanspruchnahme einer Pflegefreistellung informieren und über Verlangen ein ärztliches Attest vorweisen. Die Entgeltzahlung erfolgt auch während der Pflegefreistellung uneingeschränkt. Eine Diskriminierung oder gar Kündigung der die Pflegefreistellung in Anspruch nehmenden Arbeitnehmer:innen ist unzulässig. Die Pflegefreistellung ist seit 01.11.2023 vom Schutz des Gleichbehandlungsgesetzes umfasst. Kündigungen die aus diesem Grund ausgesprochen werden, sind vom Arbeitgeber über Verlangen schriftlich zu begründen und können bei Gericht angefochten werden.
👉 Dauer der Pflegefreistellung: Der Anspruch auf Pflegefreistellung beträgt 1 Woche pro Arbeitsjahr, basierend auf der wöchentlichen Arbeitszeit – d.h.: Teilzeitbeschäftigte mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 15 Stunden, haben Anspruch auf Pflegefreistellung im Ausmaß von 15 Stunden pro Arbeitsjahr. Das Ausmaß von 1 Woche pro Arbeitsjahr bezieht sich auf alle zu pflegenden Personen und sämtliche Arten der Freistellung. Es ist also unerheblich wie viele Kinder vorhanden sind, oder ob unterschiedliche Freistellungen in Anspruch genommen werden müssen. Das Ausmaß ist unverändert und insgesamt 1 Woche. Einzige Ausnahme ist, wenn das betroffene Kind – welches das 12. Lebensjahr noch nicht erreicht haben darf – erneut erkrankt und gepflegt werden muss. In diesem Fall steht eine zweite Woche pro Arbeitsjahr zu. Die Pflegefreistellung kann wochen-, tage- oder stundenweise konsumiert werden, je nach Bedarf. Ist der Anspruch auf Pflegefreistellung erschöpft, müssen betroffene Arbeitnehmer:innen Urlaub konsumieren. In diesem Fall kann der Urlaub sofort und ohne Vereinbarung mit dem Arbeitgeber angetreten werden. Allerdings sind Arbeitnehmer:innen verpflichtet, den Urlaubsantritt wegen notwendiger Pflege eines erkrankten Kindes unverzüglich zu melden. Auf Verlangen muss dem Arbeitgeber ein ärztliches Attest vorgelegt werden.
👉 Fazit: Bei Unsicherheiten in Bezug auf Pflegefreistellungen empfehlen wir Ihnen, sich rechtlich beraten zu lassen, um allfällige Nachteile für Ihr Unternehmen zu vermeiden.
Wir freuen uns auf Ihren Kommentar. Bleiben Sie gesund!