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Aktuell

6. November 2025

sms.law.bites | Real Estate: Erst Anbot, dann Vertrag – oder doch eher Haftung?

Ein Beitrag von sms.law Partner Markus Dax und sms.law Associate Lakitha Shetty

Verträge sind ein wesentlicher Bestandteil des Wirtschaftslebens, vor allem auch in der Immobilienbranche. In diesem Artikel gehen wir näher darauf ein, wie es über Anbot und Annahme zum Vertragsabschluss kommt.

👉 Grundlagen des Vertragsabschlusses

Das Zustandekommen eines Vertrages ist in den §§ 861 ff ABGB geregelt. Die zentrale Voraussetzung für einen Vertrag ist der übereinstimmende Wille beider Parteien.

👉 Voraussetzungen des Anbots

Ein Anbot ist eine verbindliche Willenserklärung, zu bestimmten Bedingungen einen Vertrag abschließen zu wollen. Dafür muss:

  • der Inhalt so bestimmt formuliert sein, dass die wesentlichen Punkte des Geschäftes enthalten sind und der Vertrag allein durch Zustimmung des Anbotempfängers zustande kommen kann, zB müssen beim Kaufvertrag der Kaufgegenstand und der Preis bestimmt sein;
  • der Bindungswille des Anbotstellers erkennbar sein; und
  • das Anbot dem Empfänger auch zugehen.

 

Der Anbotsteller kann eine Annahmefrist festlegen, in welcher das Anbot angenommen werden kann.

👉 Bindung des Anbotstellers an ein Anbot

Das abgegebene Anbot ist grundsätzlich bindend, sobald es abgegeben wird. Innerhalb der Annahmefrist kann der Anbotsteller das Anbot nicht einseitig widerrufen. Um zu verhindern, dass der Vertrag bereits durch die Annahme des Anbotes zustande kommt, können aufschiebende Bedingungen in das Anbot aufgenommen werden, wie etwa „aufschiebend bedingt durch das Vorliegen der fixen Finanzierungszusage“, wodurch der Vertrag erst mit Eintritt der Bedingung zustande kommt.

👉 Anforderungen an die Annahme

Bei Annahme des Anbots kommt ein rechtswirksamer Vertrag zustande, wenn die Annahme:

  •   innerhalb der vom Anbotsteller gesetzten Annahmefrist erfolgt (§ 862a Satz 1 ABGB);
  •  den Bindungswillen des Anbotempfängers ausdrückt; und
  • inhaltlich vollständig genau mit dem Anbot übereinstimmt.

 

Wenn die Annahme vom Anbot (zB durch Preisänderung) abweicht, gilt das Anbot als abgelehnt und stellt die Änderung des Empfängers ein Gegenanbot dar.

👉 Rücktritt vom Vertrag

Von einem durch Anbot und Annahme zustande gekommenen Vertrag kann unter anderem zurückgetreten werden, wenn

  • dies ausdrücklich vereinbart wurde, oder
  • das Gesetz ein Rücktrittsrecht vorsieht, wie etwa bei Nichterfüllung oder Leistungsverzug (§§ 918 ff ABGB).

 

Der Rücktritt führt zur Auflösung des Vertrags und hat zur Folge, dass beiderseits bereits empfangene Leistungen rückabgewickelt werden müssen.

👉 Schadenersatz aufgrund Verletzung der vorvertraglichen Pflichten

Bereits mit der Aufnahme von Vertragsverhandlungen entsteht ein vorvertragliches Schuldverhältnis. Dieses verpflichtet die Parteien zur gegenseitigen Rücksichtnahme, weil sie Aufklärungs-, Schutz- und Sorgfaltspflichten treffen. Daher ist es unter anderem wichtig,

  • keine Umstände zu verschwiegen, die eine Vertragserfüllung gefährden könnten; und
  • nicht grundlos den Vertragsabschluss zu verhindern, wenn man beim Gegenüber das Vertrauen geweckt hat, dass der Vertrag mit Sicherheit zustande kommt.

 

In der Praxis ist es oft schwierig abzugrenzen, ob nur lose Vertragsgespräche vorliegen oder beim Gegenüber bereits das Vertrauen auf den Vertragsabschluss geweckt wurde. Kommt es zu einer Verletzung der vorvertraglichen Pflichten, wird man schadenersatzpflichtig. In der Regel ist das der Vertrauensschaden, das heißt der Nachteil, der dem Geschädigten dadurch entstanden ist, dass er auf das Zustandekommen des Vertrags vertraut hat.

👉 Besonderheiten bei Kauf- und Mietanboten

Kaufverträge können zwar formfrei abgeschlossen werden (sohin auch mündlich oder durch schlüssiges Handeln), jedoch ist zB beim Kauf einer Immobilie zusätzlich zu beachten, dass ein schriftlicher Kaufvertrag samt beglaubigten Unterschriften benötigt wird, damit dieser im Grundbuch durchgeführt werden kann.

  • Aber Achtung: Das Fehlen eines schriftlichen Vertrages ändert nichts an dem rechtlich bereits gültig zustande gekommenen Geschäft zwischen den beiden Parteien (zB durch ein angenommenes Kaufanbot).

 

Auch Mietverträge sind grundsätzlich formfrei. Allerdings muss z.B. die Befristung eines Mietvertrages im Voll- und Teilanwendungsbereich des MRG schriftlich erfolgen, sonst gilt der Vertrag als unbefristet.  

👉 Praxistipps

  • Klar und eindeutig formulieren: Anbote sollten präzise sein, damit keine Missverständnisse über Leistung, Preis oder Bedingungen entstehen. Annahmen sollten eindeutig als Zustimmung zum Anbot erkennbar sein.
  • Schriftlichkeit nutzen, wenn möglich: Auch wenn Verträge formfrei möglich sind, erleichtert eine schriftliche Dokumentation die Beweisführung bei Streitigkeiten.
  • Fristen und Bedingungen festlegen: Anbote mit klaren Annahmefristen und klaren Bedingungen verhindern Missverständnisse. Es ist zu empfehlen, aufschiebende Bedingungen aufzunehmen, wenn noch Unsicherheiten bestehen, sowie eine klare Frist, bis wann die Bedingung einzutreten hat. Dadurch wird das Anbot erst mit Bedingungseintritt wirksam und man vermeidet eine vorzeitige Bindung.
  • Unverbindlichkeit bei Verhandlungen deutlich klarstellen, um vorvertragliche Haftungsfallen zu vermeiden.

 

Beitrag zum Download (DE)

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