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Aktuell

21. Oktober 2025

sms.law.bites | Employment: Änderungen für freie Dienstnehmer:innen ab 2026

Ein Beitrag von sms.law Partnerin Dr. Julia Andras 

Freie Dienstnehmer:innen waren bis dato mehr oder weniger schutzlos und unterlagen weitgehend keinen gesetzlichen Mindeststandards, das soll sich nun mit 2026 ändern. Welche Änderungen konkret vorgesehen sind und was sie in Zukunft beachten sollen, erklärt sms.law Partnerin Dr. Julia Andras in ihrem aktuellen Beitrag.

👉 Was versteht man unter freien Dienstnehmer:innen? Ein freier Dienstnehmer ist eine Person, die dauerhaft für einen Auftraggeber Dienstleistungen bzw. Arbeitsleistungen erbringt, jedoch im Vergleich zu einem Angestellten nur geringe persönliche Abhängigkeit hat und für gewöhnlich auch nicht in die betriebliche Organisation des Arbeitgebers eingebunden ist. Die weitgehende Weisungsfreiheit sowie Selbstständigkeit im Hinblick auf Arbeitszeit und -ort stehen einem geringeren Schutz gegenüber. Insbesondere waren freie Dienstnehmer:innen bis dato in den Bereichen Urlaub, Entgeltfortzahlung oder Krankheitsfall mehr oder weniger auf sich allein gestellt. Sozialversicherungsrechtlich bestand Versicherungsschutz auf Basis eines freien Dienstvertrages, was in der Praxis bedeutet, dass die Sozialversicherungsbeiträge vom freien Dienstnehmer abgeführt werden müssen.

👉 Was soll sich nun 2026 ändern? Mit den neuen ab 01.01.2026 geltenden Regeln reagiert der Gesetzgeber auf eine wahre Kündigungslawine, die im Frühjahr durch den führenden Essenszusteller Lieferando ausgelöst wurde, als dieser hunderte angestellte Beschäftigte kündigte und angab in Zukunft nur noch mit freien Dienstnehmer:innen arbeiten zu wollen. Kerngedanke der neuen gesetzlichen Regelungen ist daher ein umfassender Schutz von freien Dienstnehmer:innen um Sozialbetrug hintanzuhalten und gesetzliche Mindeststandards auch für diese Beschäftigungsgruppe einzuführen. Umgangssprachlich spricht man daher auch von der „Lex Lieferando“. Die konkreten Änderungen umfassen die Einführung von Kündigungsfristen, den Einbezug in Kollektivverträge und ein damit einhergehender arbeitsrechtlicher Schutz.

👉 Kündigungsregelung: Die neuen Bestimmungen sehen die Möglichkeit der Kündigung vor, wonach beide Vertragspartner ein freies Dienstverhältnis unter Einhaltung der gesetzlich festgelegten Mindestfrist von 4 Wochen zu den festgelegten Kündigungsterminen (zum 15. oder letzten eines Kalendermonats) kündigen können. Nach dem vollendeten 2. Dienstjahr soll sich die Kündigungsfrist auf 6 Wochen erhöhen.

👉 Probezeit: Weiters soll die Vereinbarung einer Probezeit möglich sein, innerhalb der (für gewöhnlich 1 Monat) eine Auflösung des Dienstverhältnisses jederzeit von beiden Seiten ohne Angabe von Gründen möglich ist. Eine Aufhebung oder Beschränkung dieser Regelungen soll zum Schutz der freien Dienstnehmer:innen unzulässig sein. Es ist aber nach wie vor zulässig abweichende Bestimmungen zugunsten der freien Dienstnehmer:innen zu vereinbaren.

👉 Abschluss eines Kollektivvertrages: Laut dem vorliegenden Gesetzesentwurf soll zukünftig auch der Abschluss eines Kollektivvertrages für freie Dienstnehmer:innen möglich sein. Damit werden kollektivvertragliche Mindeststandards (Mindestentlohnung) auch für freie Dienstnehmer:innen zugänglich. Möglich sein soll sowohl der Abschluss eigener Kollektivverträge mit der Personengruppe der freien Dienstnehmer:innen als auch die Einbeziehung derselben in den Geltungsbereich bereits bestehender Kollektivverträge.

👉 Fazit: Die kollektivvertraglichen Mindestentgelte und kollektivvertraglich zustehende Sonderzahlungen sollen zukünftig auch für freie Dienstnehmer:innen gelten. Sofern der Geltungsbereich arbeitsrechtlicher Gesetze freie Dienstnehmer:innen nicht umfasst, gelten kollektivvertragliche Regelungen, die auf diese Gesetze Bezug nehmen – wie beispielsweise Regelungen aus dem Urlaubsgesetz oder dem Arbeitszeitgesetz – auch weiterhin nicht für freie Dienstnehmer:innen. Allerdings können die Kollektivvertragsparteien entsprechende Regelungen ausdrücklich für freie Dienstnehmer:innen vereinbaren. Unternehmen müssen daher zukünftig – nebst der Beachtung kollektivvertraglicher Mindestentgelte und Sonderzahlungen – auch prüfen, ob der zur Anwendung gelangende Kollektivvertrag eigene Regelungen für freie Dienstnehmer:innen enthält. Durch die Aufnahme eigener Kündigungsfristen für freie Dienstnehmer:innen in das ABGB ergibt sich zukünftig weniger Flexibilität bei der Beendigung freier Dienstverhältnisse. Dies ist jedenfalls bei Ihrer unternehmerischen Planung zu berücksichtigen. Unternehmen, die freie Dienstnehmer:innen beschäftigen sollten jedenfalls überprüfen, ob und welche Kollektivverträge zukünftig für diese anwendbar sind. Die Novelle des Arbeitsverfassungsgesetzes (ArbVG) soll am 01.01.2026 in Kraft treten.

👉 Ergebnis: Im Ergebnis müssen Unternehmen sich mit den bevorstehenden Änderungen auseinandersetzen und diese auch in ihre Beurteilung der Attraktivität freier Dienstverhältnisse einbeziehen. Wir empfehlen Ihnen sich rechtzeitig beraten zu lassen, um allfällige Rechtsnachteile zu vermeiden.

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